Kleines ABC der Herzchirurgie

 

 

Das Herz war lange ein Tabu für Chirurgen. Erst 1896 gelang die erste Herzoperation. Auch danach nahmen viele Versuche ambitionierter Ärzte kein gutes Ende. Das lag nicht am mangelnden Geschick der Chirurgen. Ihnen fehlte es vielmehr an den passenden Gerätschaften.

 

Herzkatheter

Ein Herzkatheter ist ein feiner Schlauch, der über ein Blutgefäß in das Herz geschoben wird. Werner Forssmann wendete ihn 1929 erstmals beim Menschen an. Dazu gehörte damals Mut: Er schob ihn sich selbst durch die Vene seines Armes in den linken Vorhof. Als Beweis machte er dann ein Röntgenbild von dem Katheter.

Auch heute noch dienen die meisten Herzkatheter-Eingriffe demselben Zweck. Allerdings führen Mediziner die Sonde inzwischen über die Leistenvene ein. Über den Katheter wird dann ein Kontrastmittel injiziert. Auf dem Röntgenmonitor können die Ärzte je nach Lage des Katheters die Herzkranzgefäße oder den Innenraum des Herzmuskels erkennen. Dieses Verfahren wird Angiographie genannt.

Beobachtet der Arzt dabei eine Verengung in den Herzkranzgefäßen führt er mit demselben Katheter eine so genannte Ballondilatation durch. Mit einer simplen Luftpumpe wird im Bereich der Verengung eine Art Ballon aufgeblasen. Der Luftdruck entspricht ungefähr dem eines . Er reicht aus, um sämtlich Ablagerungen wegzusprengen. Die Wände des Blutgefäßes werden dadurch jedoch nicht verletzt. Lediglich die dünne Innenhaut kann einreißen. Dadurch kann das Gefäß allerdings wieder verstopfen. Um das zu verhindern, werden heute manchmal mit dem Ballon kleine Drahtgeflechte, so genannte Stents, eingeführt. Sie sollen verhindern, dass sich das Gefäß an derselben Stelle durch die eingerissene Innenhaut wieder verengt. Die Wirksamkeit von Stents ist unter Medizinern allerdings umstritten.

 

Herzklappen

An die Herzklappen trauten sich die Chirurgen schon gegen Ende der vierziger Jahre heran. Die ersten wirklichen Klappenprothesen kamen jedoch erst Anfang der sechziger Jahre. Die Kugelklappe war eines der ersten Modelle. Eine kleine Kugel bewegte sich in einer Halterung durch den wechselnden Druck auf und ab. Dieses Modell wurde schnell durch die dreiflügelige Taschenklappe ersetzt. Sie ist den natürlichen Herzklappen sehr ähnlich und wird heute noch angewandt. Allerdings haben sich die Materialien geändert. Heute wird eine Taschenklappe nicht mehr aus Silikonkautschuk hergestellt, sondern aus biochemisch behandelten Schweineherzklappen. Andere Modelle werden aus Carbon hergestellt. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie sehr laut sind. Noch in einem Abstand von einem Meter lässt sich dann der Herzschlag eines Menschen mit einer solchen Klappe verfolgen.

 

Herzschrittmacher

Wenn das Herz zu langsam schlägt und sogar dazu neigt stehen zu bleiben, setzten Mediziner einen Herzschrittmacher ein. Der erste Einsatz eines solchen Gerätes war eine Notoperation. Untergebracht in einer Schuhcremedose, wurde es 1958 dem Schweden Arne Larsson implantiert. Die Technik verbreitete sich schnell. Lästig war nur das wöchentliche Laden des Schrittmachers. Da war auch der so genannte Atomschrittmacher keine Lösung. Dieser neue Typ wurde durch radioaktives Plutonium angetrieben. Seine Laufzeiten von 15 bis 20 Jahren werden auch heute von den modernsten Herzschrittmachern nicht erreicht. Die Patienten waren zwar durch einen Bleimantel vor der Strahlung geschützt, nach ihrem Tod gab es jedoch ein Entsorgungsproblem. Es kostet die Herstellerfirmen heute noch größere Summen.

Inzwischen ist das Einsetzen eines Herzschrittmachers ein Routineeingriff und zudem noch ein relativ kostengünstiger. Das gilt für die so genannten implantierbaren Defibrillatoren allerdings noch nicht. Sie kosten bis zu 50.000 D-Mark und werden bei einer anderen Art von Herzrhythmusstörung eingesetzt: Dann wenn das Herz zu schnell und hektisch schlägt. Das so genannte Kammerflimmern geht dem plötzlichen Herztod voraus. Befindet sich der Patient in einem Krankenhaus, behandeln die Ärzte sein Herz mit elektrischen Schocks. Dazu verwenden sie einen externen Defibrillator. Besonders gefährdeten Patienten wird ein solches Gerät implantiert. Es ist natürlich viel kleiner, als das aus diversen Krankenhausserien bekannte Notfallgerät. Seine Batterie reicht für maximal fünf Jahre. Das hängt allerdings auch davon ab, wie häufig es einen Schock aussenden muss. Viele Mediziner halten Defibrillatoren für die sicherste Therapie bei bestimmten Herzrhythmusstörungen. Sie fordern wegen der hohen Kosten von den Herstellern die Einführung eines "Volksdefibrillators"

Bypass

Wenn der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt ist, liegt das oft an der mangelnden Blutversorgung durch ein verengtes Herzkranzgefäß. Dann hilft in manchen Fällen nur noch eine Bypassoperation. Dabei überbrückt der Herzchirurg die Verengung mit Venen aus dem Unterschenkel. Diese Operation wurde 1967 zum ersten Mal durchgeführt. Auch solche Bypässe können sich verschließen. Heute werden sie oft mit Hilfe der Brustarterie gelegt. 50 Prozent der arteriellen Bypässe sind nach zehn Jahren ebenfalls verengt. Bei den venösen Bypässen sind es sogar 90 Prozent. Dann versuchen Mediziner manchmal, sie mit einer Ballondilatation wieder zu öffnen.

Herztransplantation

Die erste Herztransplantation war 1967 eine medizinische Sensation. Christaan Barnard war ein gefeierter Held. Er verpflanzte das Herz einer jungen schwarzen Frau in die Brust von Louis Washkansky. Der berühmte Patient starb achtzehn Tage nach der Transplantation an Lungenentzündung. Kritik erntete Barnard, als er später versuchte ein Pavianherz zu transplantieren. Eine Transplantation ist heute für viele Herzkranke die einzige Rettung. Inzwischen wissen die Ärzte auch deutlich mehr über Abstoßungsreaktionen. Hätte Christaan Barnard mehr über Gewebsfaktoren gewusst, sein Versuch mit dem Pavianherz hätte niemals stattgefunden. Mit Medikamenten können heute die Immunreaktionen gegen das fremde Gewebe unterdrückt werden. Trotzdem ist das Leben mit einem gespendeten Herzen nach geglückter Transplantation nicht leicht. Denn der Patient muss sein Leben lang Medikamente gegen eine mögliche Abstoßungsreaktion nehmen. Weil sein Immunsystem dadurch nicht arbeiten kann, droht ständig die Gefahr von gefährlichen Infektionen.

 

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