1. Stammvater: Jakob „in Gundelfingen„
2. Generationstabelle
Gundelfingersche Familien in Michelbach
1.Einlieferung in das KZ in Riga
2.Rückkehr nach Michelbach
3.Theas
Auswanderung wegen Hass auf Michelbach
Grabstein eines gundelfingerischen Familienmitliedes auf
dem jüdischen Friedhof auserhalb von Michelbach.
I. Herkunft der Familie
Der Stammbaum der Familie
Gundelfinger in Michelbach (an der Lücke) beginnt Anfang des 18. Jahrhunderts
mit deinem Jakob aus dem Ort Gundelfingen.
Zu dieser Zeit hatten Juden
keinen Nachnamen, deshalb benannte Jakob sich nach seinem Herkunftsort.
Im Verlauf von fünf
Generationen werden in Michelbach nicht weniger als 134 Kinder in der
Gundelfingerschen Familie geboren.
In der 3.Generation hatte sich
die Familie Gundelfinger auf insgesamt 13 Familien ausgebreitet. Dies war der Höhepunkt
der Entwicklung der Familie Gundelfinger.
Ab der 4. Generation, ab 1880,
nimmt die Anzahl der Familienmitglieder rapide ab.
Unsere Vermutung ist, dass sich
der Antisemitismus in dieser Zeit verstärkte.
Im Zeitabschnitt von 1910 bis
1936, also in der 5. Generation, gab es nur noch 3 Familien mit dem Namen
Gundelfinger.
Generationstabellen
Im Zweiten Weltkrieg fiehlen 21
Juden aus Michelbach dem Nazi-Regime zum Opfer. Davon gehörten 13 Personen der
Großfamilie Gundelfinger an.
Ein
Familienmitglied der Gundelfinger, der in der Michelbacher Geschichte
herausstach war Hermann Gundelfinger.
Er
war in der Michelbacher Gemeinde integriert und genoss hohes Ansehen.
Hermann
Gundelfinger wurde am 15. November 1855 als Sohn des Handelsmannes Benjamin
Gundelfinger, in Michelbach geboren.
Schon
in jungen Jahren zeigte Hermann besonders Geschick beim Handel mit Gebäuden und
Grundstücken.
Dies
führte dazu, dass er im Laufe seines Lebens der Eigentümer mehrer Häuser
wurde und hohen Wohlstand genoss.
Neben
etwas Viehhandel bestand die Hauptbeschäftigung von Hermann Gundelfinger im
Handel mit Immobilien. Seine Geschäffte führte er im eigenem Hause aus, und
wurde deshalb als ,,Bankier'' bezeichnet.
Hermann
Gundelfinger wurde im Jahre 1882 in das Buch für die jüdischen Gewerbstreiben
in Michelbach eingetragen und zwar mit dem Beruf Bankier.
Außerdem
wurde H.Gundelfinger 1888 in den Gemeinderat gewählt, dem er dann auch bis zu
seinem Tod im Jahre 1930 angehörte.
Die
Menschen in Michelbach vertrauten Hermann Gundelfinger sehr. Und er war obwohl
er Jude war sehr wichtiger und hoch angesehener Bürger in Michelbach und voll
integriert in die Gemeinde. Dies wird besonders deutlich, als im Jahre 1921 auch
in Michelbach die Einkommenssteuer eingeführt werden musste.
Darüber
steht im Protokall des Gemeinderats:
„9.
Dezember.- Für die Vorbereitungsgeschäfte zur Einkommensteuer-Veranlagung muß
der Gemeinderat einen örtlichen Sachverständiger wählen. Es soll sich um
einen rechtlich denkenden, unbestraften Mann handeln, der über die
gewerblichen, wirtschaftlichen und familiären Verhältnisse der Mitbürger gut
orientiert ist. Der Gemeinderat von Michelbach bestimmt dazu einstimmig den
langjährigen Gemeinderat Hermann Gundelfinger.“
(
Zitat: Otto Ströbel, Michelbach an der Lücke
Geschichte einer Dorfgemeinschaft zwischen Christen und Juden, Hohenloher
Druck + Verlagshaus Crailsheim, Seite 147 ff)
Im
Jahre 1880 heiratete Hermann, Rosalie, geborene Gundelfinder .
Doch
diese Heirat wurde erst nach genauen Nachforschungen genehmigt. Denn die beiden
waren über mehrere Ecken miteinander verwandt. Sie hatten einen gemeinsamen
Urvater, Jakob Gundelfinger.
Sie
bekamen vier gemeinsame Kinder:
Klara,
geb. 1881, starb bereits 1882
David,
geb. 1883, wurde Großkaufmann in Nürnberg
Emil,
geb. 1888, Kaufmann Ulm, fiel als Unteroffizier im 1. Weltkrieg
Paula, geb. 1894, heiratete in Ludwigsburg einen
Kaufmann
Nach
35 Jahren Ehe starb Rosalie. Fünf Jahre lang war Hermann Gundelfinger Witwer.
Als
65-jähriger, heiratete er die 40 Jahre jüngere Mina Sara geborene Gutmann.
Dies rief in Michelbach große Abneigungen hervor. Aus dieser Ehe kamen zwei Töchter
hervor, was auch auf den Plakaten zu sehen ist. Die erste Tochter Silvia wurde
am 6. November 1921 geboren. Die zweite Tochter von Hermann und Mina Sara
Gundelfinger hieß Thea und wurde am 18. April 1925 geboren.
Seine
Kinder aus der ersten Ehe waren sehr verärgert über die erneute Heirat von
ihrem Vater. Deshalb enterbte Hermann Gundelfinger sie später auch.
Nachdem
Hermann Gundelfinger am 19. April 1930 starb, konnte seine Witwe Mina Sara mit
ihren zwei Töchtern , Silvia und Thea, ein gutes Leben führen. Da Hermann
Gundelfinger wie zuvor schon erwähnt ein sehr wohlhabender Mann gewesen war und
er alleine seiner Frau und deren gemeinsamen zwei Töchtern das Erbe vermachte.
Nur
eins störte die Idylle der Gundelfinger Familie. Und zwar der wachsende
Antisemitismus in Deutschland. Aus diesem Grund wanderte die ältere Tochter
Silvia nach England aus.
Die
Mutter von Thea und Silvia wurde mach Riga deportiert und verstarb dort 1942.
Das
weitere Schicksal Theas wird im folgenden Abschnitt ausführlich geschildert.
Der
Pfeil zeigt an, wo der jüdische Friedhof sich befindet auf dem auch Hermann
Gundelfinger begraben liegt.
Am
29. November 1941 fingen die ersten Deportationen in Württemberg an.
Ende
des Jahres 1941 wurden zuerst die jüngeren und Anfang des Jahres 1942 die älteren
Juden mit einem Lastwagen von Michelbach nach Wallhausen zum Bahnhof gebracht.
Von
dort aus kamen sie in offenen Waggons nach Stuttgart auf den Killersberg, wo
ihnen zunächst Geld, Wertpapiere und andere sämtliche Wertsachen entnommen
wurden.
Das
Ziel der Transportierung war das Vernichtungslager ,,Jungfernhof“ bei Riga/
Lettland.
Von
den insgesamt 19 Juden aus Michelbach die damals ins KZ kamen, kehrten 1948 nur
zwei von ihnen zurück: Moritz Eichberg und Thea Gundelfinger.
Landkarte
Riga ist die Hauptstadt von Lettland. Die Karte soll verdeutlichen, welch einen langen Weg Thea in offenen Waggons von Stuttgart nach Riga zurückgelegt hat.
Deportation von Juden nach Riga. Von der Deportation der Michelbacher Juden gibt es werder Bilder noch Dokumente.
Das
Bild zeigt deutlich auf welch kleinem Raum die Juden in den Sammellagern, wie
das in Stuttgart, für kurze Zeit leben mussten. Denn danach ging erst die
richtige Reise in die verschieden KZs los.
Thea
Gundelfinger
wurde am 18. April 1925 als Tochter von Hermann und Mina Sara Gundelfinger in
Michelbach geboren und kam mit 16 Jahren (Ende des Jahres 1941) ins KZ nach
Riga. Während ihre Schwester noch rechtzeitig nach England vor dem
Antisemitismus fliehen konnte, wurde ihre Mutter und ihre Tante in das gleiche
Lager gebracht.
Thea
selbst blieb aber nicht die ganze Zeit in Riga: Sie wurde einmal nach Auschwitz
deportiert, da aber die KZ`s von
den Russen eingebrochen wurden um die Juden zu befreien, wurde sie schließlich
doch wieder nach Riga umdirigiert.
Im
Frühling 1945 wurde sie zusammen mit anderen Insassen des KZs auf einem
deutschen Schiff über die Ostsee transportiert. Niemand wusste damals wohin die
Fahrt geplant war und Krankheiten brachen auf dem Schiff aus. Auch Thea bekam
Typhus, doch sie hatte großes Glück gehabt sich nicht ganz so stark von der
fieberhaften Krankheit infiziert zu haben. Denn Schwerkranke und Tote wurden
einfach über Bord geworfen.
Das Kriegsende im Jahr1945 brachte die Erlösung für die Menschen auf dem Schiff. Ein amerikanisches Kriegsschiff begleitete sie bis nach Hamburg wo die wenigen Überlebten in einem Lager eingekleidet, ernährt und gepflegt wurden.
Nach
ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager kam Thea im Sommer 1945 nach
Michelbach zurück um ihre Familie zu suchen. Doch nicht nur ihre Mutter,
sondern auch alle näheren oder weiteren Verwandten mit dem Namen Gundelfinger
blieben für immer verschollen.
Schließlich
reiste sie nach kurzer Zeit verbittert zu ihrer Schwester nach England um von
dort aus gemeinsam in die Vereinigten Staaten auszuwandern.
Aus
Hass entschloss sich Thea nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren oder gar
mit den engsten Verwandten über ihre grausame Vergangenheit zu sprechen.
Vorallem das Schicksal von Thea Gundelfinger halten wir für sehr
ergreifend. Wir können nicht
nachvollziehen wie schlimm es für sie war, aber wir sollten versuchen zu
respektieren welchen Hass sie auf Michelbach und allgemein auf Deutschland hegt.
Quellenangabe:
Otto
Ströbel: Michelbach an der Lücke Geschichte
einer Dorfgemeinschaft zwischen Christen und Juden; Hohenloher Druck +
Verlagshaus Crailsheim