Juden im Mittelalter

 

Gliederung:

 

 

Juden im Mittelalte

Im Mittelalter war hauptsächlich religiöser Fanatismus Hintergrund der schlimmen Judenverfolgungen. Unter diesem kirchlichen Vorwand versteckten sich oft auch weltliche Absichten:

 

Da viele Stadtbewohner bei den Juden verschuldet waren, beabsichtigten sie schuldenfrei zu werden und sich am Vermögen der Juden zu bereichern. Wie es zum Beispiel 1332 in Rothenburg der Fall war, als bei der Judenverfolgung mehrere hundert Menschen erschlagen wurden. 

Aus diesem Übereifer entstand ein gefährliches Gemisch aus Unkenntnis, Vorurteilen und Gewalt. Dazu kommt das entschlossene Festhalten der Juden an ihrer eigenen Identität, ihre zu keiner Zeit vorhandenen Bereitschaft, sich der herrschenden Gesellschaft religiös anzugleichen, unterzuordnen und auch ihre wirtschaftlichen Erfolge führten schon sehr früh bei den Gastvölkern, unter denen sie immer als Minderheit lebten, zum Antisemitismus.

 

Als „Christusmörder“ und „Hostienschänder“ wurden die Juden für alle aufkommenden Übel verantwortlich gemacht, wie zum Beispiel Natur-, oder von Menschenhand verursachte Katastrophen, und erbarmungslos verfolgt.

1096 brachen die Kreuzfahrer zu ihrem ersten Kreuzzug auf, um Rache an den Ismaeliten (Moslems) auszuüben. Aber auf ihrem Weg trafen sie die Juden und entschieden sich zuerst an ihnen Rache zu nehmen und sie auszurotten, weil die Juden Christus ohne Grund umgebracht und gekreuzigt hätten.

 

Die Juden wurden als „Hostienschänder“ bezeichnet, da nach katholischer Lehre sich die Hostie (vergleichbar dem Abendmahlsbrot in der evangelischen Kirche) unter den Worten des Priesters in den Leib Christi verwandelt. Man nahm an, dass die Juden die Hinrichtung Jesu an der Hostie symbolhaft wiederholten. Angeblich habe man häufig Blutflecken an diesen Hostien entdeckt. Jedoch enthält Blut im Glauben der Juden den Geist des Lebens und muss weggeschüttet werden.

Mit diesem und ähnlichen Vorwürfen, wie der Judensau, beleidigten die Christen die Juden gezielt.

  

Judensau

 

 

Die menschenverachtende Haltung gegenüber Juden zeigt sich an vielen
historischen Orten in Deutschland. Das Motiv der Judensau ist eine Spottdarstellung, die man oft auf Steinreliefs und Karikaturen sieht. Es taucht auch an Gebäude, Kirchen, Stadttoren und Stadtmauern auf.
Unter anderem in den Städten Erfurt (Dom), Magdeburg (Dom), Köln
(Chorgestühl im Dom) und Regensburg (Dom).
Die Vorurteile gegenüber Juden kommen von einer menschenverachtenden
Gleichgültigkeit, da sich die Menschen gar nicht mit der jüdischen Religion und den Juden selbst befasst.

Auf diesem Bild sind Juden zu sehen, die wie Ferkel an den Zitzen eines
Mutterschweins gierig Milch saugen oder sich am After des Schweins zu schaffen machen. Dass es sich bei ihnen um Juden handelt, ist leicht an ihren
Kennzeichen zu sehen: dem “ Judenring “ auf der Kleidung oder dem
trichterförmigen “ Judenhut “.
Die Darstellung des umgekehrt auf dem Schwein sitzenden Juden, soll die
angebliche “ Verkehrtheit “ des Judentums darstellen. Eine weitere
Anspielung auf die angebliche Absurdität der jüdischen Religion ist die
Zeichnung des Schweins mit den Hauern eines Ebers und gleichzeitig dem Euter einer Sau.

Die Menschen bezeichneten den Juden als Judensau, weil das Schwein für die
Juden ein unreines (unkoscheres) Tier ist. Jeglicher Kontakt mit ihm wird
vermieden. Auch der Genuss von Schweinefleisch und - fett oder gar Schweinemilch ist in ihrer Religion verboten. Die religiösen Gefühle von
Juden werden dadurch in besonderer Weise verletzt. Später änderte sich das
Bild der Judensau zum Judenteufel.

Martin Luther hat das Bild der Judensau und des Judenteufels auch vertreten
und Bezug zu einem ähnlichem Bild genommen: „ Es ist hier zu Wittenberg
an unserer Pfarrkirche eine Sau in Stein gehauen. Da liegen junge Ferkel und
Juden darunter, die saugen. Hinter der Sau steht ein Rabbiner, der hebt der
Sau das rechte Bein empor und mit seiner linken Hand zieht er den Bürzel
(Schwanz) über sich , Bückt(sich) und guckt mit großem Fleiß der Sau unter den
Bürzel in den Talmud hinein. “
Die gehässige Verbindung des Juden unaussprechbar heiligen Gottesnamens bzw.
des Talmud ( = der jüdischen Auslegungstradition ) mit der “
Judensau“ ist nur aus der christlichen Judenfeindschaft des Mittelalters
verstehbar, zu der leider auch Luther beigetragen hat.

Martin Luther
(1483 - 1546)

Martin Luther war zunächst für, später                   
gegen die Juden. Am Anfang besuchte
er jüdische Gottesdienste. Trotzdem
wollte er die Juden mit seiner eigenen
Reform bekehren. Er sagte: „ Ich hoffe,
wenn man mit den Juden freundlich
handelt und aus der heiligen Schrift sie
säuberlich unterweist, so sollten von
ihnen viele rechte Christen werden und
wieder ihrer Väter, der Propheten und
Patriarchen, Glauben treten,...“ 

Doch da nur sehr wenige sich bekehren ließen und sogar einige Christen zum

Judentum überwechselten änderten Luther seine positive Meinung gegenüber den Juden und entwickelte einen starken Hass gegen sie! Auf seine nun gestellte
Frage: „ Was wollen wir Christen nun tun mit diesem verworfenen,
verdammten Volk der Juden?“ gab er sieben Ratschläge:
1.Jüdische Schulen und Synagogen anzünden!
2.Jüdische Häuser zerstören und die Juden in einen Stall pferchen, damit sie
wissen, dass sie nicht die Herren im Land sind!
3.Den Juden ihre „Betbüchlein“ und „Talmudlisten“
wegnehmen, da darin nur Lügen stehen!
4.Den Rabbinern das Lehren verbieten!
5.Den Juden verbieten, auf die Straße zu gehen und ihnen befehlen zu Hause
zu bleiben!
6.Den Juden ihren Besitz nehmen, da sie alles durch ihren Wucher gestohlen
haben!
7.Die Juden sollen sich körperlich ihren Lebensunterhalt verdienen!

Die bekannteste Altersschrift von Martin Luther hat den Titel: „ Von
den Juden und ihre Lügen “ (1543 ). Er verwirft die Lehren und Inhalte
der jüdischen Religion. Die Juden sollen die Christen verspotten und Schuld an
der Ermordung des Messias haben. Deswegen ziehen sie den Zorn Gottes auf
sich.
Zitat: „ Darum, wo du einen rechten Juden siehst, magst du mit gutem
Gewissen ein Kreuz schlagen und frei und sicher sprechen: „Da geht ein
leibhaftiger Teufel!“
Zitat nach Heinz Zahrut: Martin Luther, Reformator wider Willen, München /
Zürich 1986, S. 236

Welche Verbote wurden den Juden erteilt?

· jüdische Schüler durften keine höheren Schulen mehr besuchen, geschweige
denn Preise für ihre besonderen Leistungen erhalten und an schulinternen

Veranstaltungen teilnehmen.
· Juden durften keinen Kontakt mit nichtjüdischen Menschen haben
· Juden wurden Gas und Strom für ihre Haushalte abgesperrt
· Juden mussten ihr Vermögen über 5000RM melden
· Juden durften erst ab vier Uhr die öffentlichen Bäder besuchen
· Juden mussten ihre Häuser, Geschäfte und Fabriken zwangsweise zu
Schleuderpreisen an Nichtjuden verkaufen
· Juden durften nur bestimmte Berufe erlernen wie z.B. Klein -
Kleinsthändler auf dem Land, Geldhandel, Pfandleiher jedoch unter Verdikt der Kirche

· Sattlersche Judenordnung:
- Sie sollten das Bad nur noch an einem bestimmten Tag benutzen dürfen
- während der Fastenzeit durften sie nicht ihren Beruf ausüben
- in der Karwoche oder Fronleichnam durften sie ihre Häuser nicht verlassen, nicht einmal ihre Fenster öffnen
- durften keine Lebensmittel anfassen, die sie nicht vorher gekauft hatten
sonst  würden die anderen Menschen ihre Unreinheit annehmen
- jüdische Händler mussten Abseits des Marktes stehen, da sie mit ihrem Atem
Ingwer, Pfeffer, Zucker ... und anderes infizierten

· Außerdem durften Juden keine Waffen tragen. In einer zu dieser Zeit
kriegerischen Gesellschaft machte diese Vorschrift sie nicht nur gegen
Straßenräuber, sondern auch gegen gesetzwidrige Angriffe auf ihre Person
oder ihren Besitz wehrlos. Sie hatten dadurch den Ruf eines Feiglings.

Beschuldigungen gegen Juden

· Juden wurden der Gotteslästerung und Verhöhnung der Jungfrau Maria
beschuldigt. Außerdem dichteten sie dem Kreuz Schandtaten an.
· Sie sollten Nichtjuden ermordet und das Blut der Opfer zu bestimmten
rituellen Handlungen benutzt haben.
· 1348 / 49 sollen Juden die Brunnen aus rituellen Gründen vergiftet und
somit die Pestepidemie ausgelöst haben. Sie wurden aus der Stadt vertrieben,
obwohl  auch viele Juden an der Pest gestorben sind. Die Bevölkerung verringerte sich  während der Pest um ein Drittel. Damals kam es auch in Schwäbisch Hall und  Crailsheim zu schrecklichen Ausschreitungen.
Viele jüdische Gemeinschaften wurden vernichtet, die Besitztümer der
ermordeten und vertriebenen Opfer eingezogen und ihre Gotteshäuser
zerstört.
· Besonders um die Osterzeit ( Pessachfest )
wurden die Juden häufig

verdächtigt, christliche Jungen entführt
und geschlachtet zu haben. (Bild rechts).

Man nahm an, dass sie das Blut dieser Kinder für
gottesdienstliche Zwecke benutzten.

· Die Juden wurden beschuldigt Christusbilder
zu durchbohren.


Sattler: Absatz seiner Judenverordnung
Bevor ein Christ einem Juden ein Haus vermietet, muss der Jude einen Eid
ablegen. Er musste schwören, dass er keine jungen Männer stiehlt, er durfte
keine Gaukeleien vorführen und keine Verschwörung gegen Christen planen.
Außerdem durfte er nicht gegen die Kirche und die Bürgerschaft sein, keine
Gifte oder Zaubermittel verwenden und Brunnen vergiften.
 

Die Juden in Rothenburg

 Um 1352 erlaubte Kaiser Friedrich II. den Juden die Ansiedlung. Ihm zahlten sie zunächst Steuern, wie auch den adligen Grundherren, denen die Juden eine willkommene Einnahmequelle bedeutete.

Später wurde das Privileg Juden in Schutz zu nehmen, auf die Territorialherrschaften übertragen, die je nach Ort und Zeit wechselnd mit den Juden verfuhren. Im Prinzip bedeutete das den Übergang der Judensteuer vom Reich auf den hohen Adel, später auch auf Reichsstädte und den niederen Adel.

Weil die Juden damals vom Bürgerrecht ausgeschlossen waren, waren sie auf diesen Schutz angewiesen. Zwischen den Landesherren und dem jüdischen Haushaltsvorstand gab es eine Vereinbarung, nach der die Stellung der Juden genau festgelegt wurde. Danach mussten sie eine jährliche Schutzzahlung für Freiheit und Sicherheit bezahlen.

Durch den Schutzprivileg nahm im Jahr 1352 die Judengemeinde in Rothenburg an Größe und Bedeutung zu. Sie besaß eine Synagoge mit eigenem Rabbiner und sogar ein eigenes Tanzhaus.

Die Rothenburger Juden wohnten hauptsächlich in der Judengasse, die sich wie auf dem folgenden Bild außerhalb der Stadtmauer befand. 

         

  Besonders von der Kirche wurde gegen die Juden vorgegangen. 1520 schlossen fast alle Reichsstädte in Südwestdeutschland ihre Juden aus. Aber die Verfolgung blieb menschlich. In Rothenburg hieß es, dass die Juden beurlaubt wurden, um in einer Frist Schulden einzutreiben. Tatsächlich wurden aber in dieser Zeit die letzten Juden aus Rothenburg vertrieben, durch Leute, die die Vorurteile glaubten und aus Aberglauben oder purer Habgier eifrig an der Vertreibung arbeiteten. Die Synagoge auf dem Judenfriedhof wurde vom Volk vollständig zerstört und ausgeplündert.  

Zu den Vertriebenen könnten auch die ersten Michelbacher Juden zählen, denn die meisten blieben in der Nähe von Rothenburg, um ihre Kontakte zu Handelspartnern zu erhalten. Aber erst aus 1556 gibt es einen schriftlichen Nachweis für die ersten Michelbacher Juden.

 

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte in Rothenburg der Hass gegen die Juden wieder einmal einen Höhepunkt erreicht. Man hatte ihnen verordnet, wie in anderen Städten, gewisse Zeichen an ihren Kleidern zu tragen und ein erhöhtes Aufenthaltsgeld zu zahlen. Dabei blieb es aber nicht. Plötzlich brach die Verfolgung nach dem Vorbild in Regensburg aus. Der damalige Prediger begann in seinen Predigten das Volk gegen die Juden aufzustacheln, so dass die Juden mit Steinen beworfen, geschlagen und misshandelt wurden. Der Rat der Stadt, von dem die Juden sich Schutz erhofften, konnte ihnen nicht helfen.

In den folgenden Jahrhunderten änderte sich an der bedrückenden Lage der Juden kaum etwas. Die Verfolgungen in dieser schlimmen Form hörten jedoch auf.

 

Von Helena Beifuß und Karolin Rieker 

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